Die Physiotherapeutin begleitet das Kind und seine Familie während seiner Säuglings-, Kleinkind- und Schulzeit in wesentlichen Phasen seiner Entwicklung.  Diese Begleitung hört mit dem Erreichen des Erwachsenenalters nicht auf und wird, abgestimmt auf die individuellen Bedürfnisse der CF-Betroffenen, weitergeführt.

Diese Aufgabe erfordert von der Physiotherapeutin nebst Fachkompetenz (Wissen über CF, Erkennen der Symptome, Beherrschung der Behandlungsmethoden und Techniken) ein hohes Mass an Empathie.

Sie arbeitet dementsprechend auf drei Ebenen: der körperlichen Ebene, der Ebene des Vermittelns von Wissen und Fertigkeiten sowie der psychosozialen Ebene (Sozialkompetenzen wie Selbstvertrauen, Zuverlässigkeit, soziale Integration).

Säuglings- und Kleinkindalter

Schwerpunkte auf körperlicher Ebene

Qualität der Atmung

Die Physiotherapeutin beobachtet die Atembewegung bezüglich:

·    Atemlokalisation

·    Einsatz der Atemhilfsmuskulatur

·    Atemfrequenz

·    Vorhandensein von Sekret

Sekretmobilisation

Eine gezielte Sekretmobilisation kann mittels Inhalation, Übungen zur Kontaktatmung und dem Einnehmen verschiedener Körperstellungen erfolgen und durch die Thoraxdehnung  und die  Aktivierung von Thorax-, Schulter- und Bauchmuskulatur unterstützt werden.

Schwerpunkte auf der Ebene der Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz

Aufklärung / Information der Eltern:

Die Eltern sollen die individuellen Symptome der Krankheit erkennen und einschätzen lernen und die dafür hilfreichen Interventionen/Therapieanpassungen ableiten können.

Erklären der Therapiefunktion:

Der Sinn, das Ziel, sowie praktische Handhabung des Säuglings im Alltag, Instruktion der Therapiemethoden und die Hilfsmittel (Inhalationsgeräte, Techniken, PEP, etc.) werden erklärt und die Handhabung instruiert. Eine regelmässige Aufnahme der Therapie ist besonders im Säuglings- und Kleinkindesalter von besonderer Bedeutung (Gewöhnung).

Die Anwendung der Therapien als tägliche Routine machen sie zur Selbstverständlichkeit / Normalität.

Die Eltern machen sich bewusst, dass sie Zeit für die Therapie benötigen und entscheiden, wie sie die Empfehlungen in ihrem Alltag umsetzen.

Der Einbezug in die Entscheidung erhöht die Adherence bei Eltern und Kind.

Wichtige Parameter beim Säugling und Kleinkind kennen lernen wie die Normwerte der Atemfrequenz und eventuell der  der Sauerstoffsättigung des Blutes.

Schwerpunkte auf der Psychosozialen Ebene

Sukzessives erlernen, Regeln zu erstellen und einzuhalten.

Erfolgserlebnisse ermöglichen zur Stärkung eines gesunden Selbstwertgefühls.

Adherence

Adherence bedeutet, dass sich die Eltern eines CF-betroffenen Kindes, der jugendliche und erwachsene CF-Betroffene und die Physiotherapeutin über die vereinbarten physiotherapeutischen Massnahmen und Empfehlungen einig sind.

Die Betroffene haben eine aktive Rolle.

Zur Adherence tragen folgende Faktoren bei:

·    Kenntnisse über Symptome und Verlauf der Cystischen Fibrose

·    Kenntnisse über den individuellen Verlauf und Schweregrad der Betroffenheit

·    Informationen von Ärzten, Therapeuten, Ernährungsberater und anderen involvierten Fachpersonen

·    Eine realistische Selbsteinschätzung

·    Kenntnisse über Wirkung der Medikamente und Therapiemassnahmen

·    Klären von Erwartungen

·    Mündliche  und /oder Schriftliche Therapiepläne mit Instruktionen, Fotos und oder Videos von Massnahmen für zuhause.

In all diesen Ebenen werden die Eltern und ihr Kind langsam in Teilschritten eingeführt. Diese werden mit den Eltern und dem Kind abgestimmt, ausgehandelt, überprüft und neu angepasst. Das Kind und die Eltern sollen im Laufe der Entwicklung bis zum Erwachsenenalter möglichst viele therapeutische Techniken kennen lernen, damit es ihnen später leicht fällt, das momentan effektivste Hilfsmittel zur optimalen Atmungstherapie auswählen zu können.

Im Schulalter

Das Kind wird erst spielerisch eingeführt, angeleitet und zunehmend in Teilschritten zu der ihm und seiner Familie entsprechenden Selbständigkeit geführt.

Je besser dieser Prozess im Schulalter gelingt, desto einfacher gestaltet sich die Phase der Pubertät und der Ablösung des Jugendlichen zum eigenverantwortlichen Erwachsenen.

Schwerpunkte auf körperlicher Ebene

Atmung:

Atembewegungen erspüren (Frequenz, Richtung etc.), gezielt einsetzen lernen, Atemtechniken erlernen (Lippenbremse, Husten, Huffen usw.), Sekret erspüren, lokalisieren, mobilisieren und evakuieren lernen (altersgemässe Techniken einführen), u. U. Ermunterung zum Spielen eines Blasinstrumentes (z.B. Flöte ).

Körperhaltung und Beweglichkeit:

Thoraxbeweglichkeit und -form werden erhalten, Muskeldehnungen (vor allem die Atemhilfsmuskulatur und die Mm. Ischiocrurales) durchführen, ein Übungsrepertoire aufbauen.

Kraft und Ausdauer:

Kraft und Ausdauer werden aufrechterhalten, insbesondere während  Krankheit und Spitalaufenthalten (O2-Gabe prüfen), damit die Teilnahme am Schulsport möglichst lange möglich ist.

Regelmässig einen Befund erstellen an Hand des Befundbogens der cf-physio.ch sowie einen Konditionstest durchführen.

Entspannungstechniken:

Entspannungsmethoden werden alters- und interessenspezifisch kennen gelernt und als ein Teil der Massnahmen in die Therapie integrieren.

Bewegung und körperlicher Aktivität:

Freude an Bewegung wecken und fördern. Ermuntern zum Kennenlernen vieler verschiedener Sportarten.

Schwerpunkte auf der Ebene der Vermittlung von Wissen  und  Handlungskompetenz

Aufklärung:

Alters- und  entwicklungsgerecht wird über die Krankheit, wie sie sich beim Kind persönlich manifestiert, informiert.

Die individuellen Symptome und die hilfreichen Interventionen werden kennengelernt. Dieses Bewusstsein trägt bei zur  besseren Adherence.

Erklären der Therapiefunktion.

Sinn und Ziel der angewandten Methoden und Hilfsmittel,  sowie deren praktischeHandhabung (Inhalation, PEP, Acapella, Flutter, Cornet, AD etc.)

Hygiene:

Die Betroffenen lernen Hygienemassnahmen für den Alltag und im Umgang mit den Atemtherapiegeräten kennen und umsetzen  link Hygiene.

Lungenfunktion / Atembefund

Das Kind lernt wichtige Parameter kennen wie die Normwerte der Atemfrequenz und die Sauerstoffsättigung im Blut.

Schwerpunkte auf der Psychosozialen Ebene

Regeln:

Eltern und Fachleute erstellen Regeln zusammen. Es muss sukzessive erlernt werden, diese einzuhalten. Eigenverantwortlichkeit und Zuverlässigkeit alters- und entwicklungsgemäss fördern, möglichst auch ausserhalb des gesundheitlichen Bereiches

Der (schriftliche) Physiotherapieplan wird zusammen mit dem Schulkind und den Eltern so erstellt, dass er im Alltag  realistisch und durchführbar ist. Dies kann zu einer besseren Adherence beitragen.

Erfolgserlebnisse:

Erfolgserlebnisse ermöglichen zur Stärkung eines gesunden Selbstwertgefühls.

Grenzen erfahren:

Erfahren und Üben des Umgangs mit Frustration möglichst in spielerischer Form, um über Strategien in schwierigen Situationen zu verfügen.

Die Kinder lernen, die körperlichen Symptome (Husten, kleinere Körpergrösse) und Therapien in der eigenen sozialen Umgebung wie Schule, Freunde und  Familie zu erklären und zu vertreten.

Soziale Integration:

Ermunterung zur frühen Teilnahme in tragfähigen Gruppen (Vereine, Clubs, Scouting). Ziel ist einerseits, dass das Kind sozial integriert mitmachen kann (Schullager, Ferien) und somit den Grundstein legt für ein tragfähiges soziales Netz im Adoleszenten- und Jugendlichen Alter.

Im jugendlichen Alter

In der Pubertät gewinnen zunehmend Zugehörigkeit zur Gruppe der Gleichaltrigen an Bedeutung gegenüber der Zugehörigkeit zur Familie.

Werte und Interessen der entsprechenden Peergruppe werden übernommen, Aussehen und Akzeptanz durch das gleiche und das andere Geschlecht werden zu wesentlichen Faktoren für das Selbstwertgefühl.

Entsprechend verändert sich je nach Symptomatik der individuelle Leidensdruck mehr oder weniger ausgeprägt auf:

·    Körperliches Erscheinungsbild: Grösse, Gewicht und Haltung

·    Verminderte körperliche Leistungsfähigkeit (sportliche Aktivitäten)

·    Zu wenig Freizeit infolge zeitraubender therapeutischer Massnahmen (Ausgang)

·    Berufswahl und Arbeitsfähigkeit

Die Physiotherapie besteht nun aus Repetition, Vertiefung und Evaluation der Selbsteinschätzung (Eigenbefund) und der  Interventionen durch den Betroffenen.

Schwerpunkte auf körperlicher Ebene

 

Inhalation:

Wahl der Apparate und Technik, Zeitaufwand – mögliche Kombination mit AD, PEP etc.

Sekret Mobilisation:

Welches ist im jetzigen Zustand die effektivste und zeitsparende Methode und wird sie technisch richtig ausgeführt?

Lungenfunktionswerte:

Ist eine Sauerstoffsättigungskontrolle oder Sauerstoffgabe bei sportlicher Aktivität notwendig? Wer und wie wird kontrolliert?

Haltung und Bewegung:

Die physiotherapeutische Befundaufnahmen wird in regelmässigen Intervallen erfasst, Bewegungseinschränkungen, Schmerzen und muskuläre Defizite dienen als Entscheidungsgrundlage, welche Massnahmen in welcher Frequenz nötig sind (Sport in Eigenverantwortung, Fitnessstudio, gezielte Physiotherapie, Osteoporoseprophylaxe...)

Kraft und Ausdauer

Welche Art von Training ist notwendig? Vermitteln von qualifizierten Trainingsmöglichkeiten.

Sportliche Aktivität:

Welche Sportart ist geeignet? Wo und wie kann sie realistischer Weise durchgeführt werden (Zeitaufwand, Weg, Transport, Frequenz und Intensität)? Die Motivation zu regelmässiger sportlicher Aktivität ist, insbesondere bei fehlendem Schulturnen, wesentlich.

Alltagsbewegungen wie Treppenlaufen, den Arbeitsweg zu Fuss oder mit dem Fahrrad bewältigen, wirken sich günstig auf Kraft, Beweglichkeit und Kondition aus.

Schwerpunkte auf der Ebene der Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz

Erkennen der eigenen Krankheitssymptome, der Bedürfnisse und Grenzen sowie die korrekte, selbständige und zuverlässige Durchführung der dafür notwendigen Massnahmen.

Pulmonal

Sekretlokalisation , Infekte erkennen, Atemrichtung spüren, Zusammenhang von Belastbarkeit und Sauerstoffsättigung erkennen – Beherrschung der indizierten Massnahmen und Techniken

Bewegungsapparat

Zusammenhang zwischen Haltung, Beweglichkeit, Kraft und Trainingszustand mit körperlicher  Leistungsfähigkeit und der Atmung erkennen.

Ernährung

Durch den Diabetes bedingte Veränderungen in der körperlichen Leistungsfähigkeit erkennen und entsprechend, in Zusammenarbeit mit  der Ernährungsberatung und Arzt handeln können

Lungenfunktion und Labor:

Kennen lernen der verschiedenen Werte und deren Bedeutung, sich auseinandersetzten mit den eigenen Befunden und deren Beziehung zum subjektiven Befinden respektive mit den daraus resultierenden notwendigen Konsequenzen.

Schwerpunkte auf der psychosozialen Ebene

CF-Krankheit:

Die Krankheitssymptome und die individuell notwendigen Massnahmen im eigenen Umfeld (Schule, Kollegen, Arbeit) erklären und begründen können als Voraussetzung für eine gute soziale Integration.

Sich bewusst machen, wieviel Zeit man bereit ist für die Krankheit zu investieren.

Eigenverantwortlichkeit:

Der CF-Betroffene übernimmt Schritt für Schritt die Eigenverantwortung in der Durchführung der Inhalation, der sekretmobilisierenden Techniken, der kräftigenden und mobilisierenden Übungen,  in der Erhaltung und Verbesserung der Ausdauer, in der sportlichen Freizeitgestaltung und der Einhaltung der Hygienemassnahmen. 

Atmung:

Der Jugendliche lernt mit einer allfälligen Verschlechterung seines pulmonalen Zustandes umzugehen und passt sein Verhalten und die Therapie dementsprechend an.

Lungentransplantation:

Der CF-Betroffene erhält, mit der Beteiligung  des behandelnden Pneumologen, Antworten auf seine Fragen und wird beim sich auseinandersetzen mit diesem Thema aktiv unterstützt. 

Im Erwachsenenalter

Im Erwachsenenalter stehen, wie bei nichtbetroffenen Personen, Familie, Freunde, die Arbeit, Hobbies oder die Gestaltung des Alltages im Vordergrund. Betroffene haben gelernt, mit ihrer Krankheit im Alltag umzugehen, sind meist gut informiert und übernehmen Verantwortung für ihr Handeln. Aufgrund der Progredienz der Krankheit müssen sie ihren körperlichen Zustand immer wieder neu beurteilen und ihre Lebensaktivitäten (z.B. Teilzeitstelle oder Hobby) anpassen.

Dies betrifft auch die Physiotherapie. Die Betroffenen entscheiden selber, welchen Stellenwert die Physiotherapie in ihrem Leben einnimmt, wie viel Zeit sie dafür aufwenden wollen und welche Massnahmen für sie am geeignetsten sind. Dementsprechend übernimmt die Physiotherapeutin als Fachperson die Funktion einer Beraterin/ eines Coaches, die auf die Wünsche und Meinungen der Betroffenen eingeht und diese respektiert. Gemeinsam wird das Ziel der Therapie formuliert und die im Moment notwendigen Massnahmen ausgewählt.

Schwerpunkte auf körperlicher Ebene

Inhalation / Sekretmobilisation:

Regelmässige Kontrolle und Anpassung der Techniken

Haltung und Beweglichkeit:

Regelmässige Kontrolle. Erfassen von Defiziten und Erarbeiten von durchführbaren Massnahmen.

Kraft und Ausdauer, Sportliche Aktivität:

Trainingslehre vermitteln und kontrollierte, individuelle Trainings erstellen, geeignete Sportart suchen.

Lungenfunktionswerte:

Ist eine Sauerstoffsättigungskontrolle oder Sauerstoffgabe bei sportlicher Aktivität notwendig? Wie wird  kontrolliert, wer kontrolliert?

Schmerzen:

Ärztliche Abklärung und eine regelmässige physiotherapeutische Befundaufnahme führen zu allenfalls notwendigen physiotherapeutischen Massnahmen und Anpassung der Aktivitäten.

Entspannung und Erholung:

Unter anderem durch die Progredienz der Krankheit steigt auch das Erholungs- und Entspannungsbedürfnis der Betroffenen. Anbieten und vermitteln von möglichen Techniken.

Inkontinenz:

Ärztliche Abklärung und gegebenenfalls Beckenbodentraining durchführen.

Schwerpunkte auf der Ebene der Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz

Erkennen der eigenen Krankheitssymptomatik, der Bedürfnisse und Grenzen, Ergreifen der notwendigen Massnahmen

Sekret

Wahrnehmen von Veränderungen des Sputum (Farbe, Zähigkeit, Menge, Lage) und Anpassung der Techniken zur Sekretmobilisation.

Bewegungsapparat

Zusammenhang zwischen Haltung, Beweglichkeit, Kraft und Trainingszustand mit körperlicher Leistungsfähigkeit und Atmung erkennen

Regeln der Hygiene

Überprüfen der Kenntnisse der Hygiene im Umgang mit den eigenen Therapiegeräten und im Kontakt mit andern CF-Betroffenen.

Schwerpunkte auf der psychosozialen Ebene     

In Zusammenarbeit mit den Betroffenen und dem verantwortlichen CF-Team kommen weitere Aufgaben in der Begleitung und Beratung der Betroffenen dazu:

Eigenverantwortung im Umgang mit den therapeutischen Massnahmen:

Wie, wo und wie oft wird die ambulante Physiotherapie fortgesetzt? Wo wird punktuelle Unterstützung benötigt?

Verschlechterung des pulmonalen Zustandes, des Allgemeinzustandes:

Wie ist der Umgang damit? Konsequenzen für die Physiotherapie? Welche Massnahmen und Unterstützung wird  von der Physiotherapie erwartet?

In Absprache mit dem Pneumologen erfährt der Betroffene Unterstützung in der Auseinandersetzung mit den folgenden Themen:  Lungentransplantation, Beruf, Einschränkung der Arbeitsfähigkeit, Freundschaft, Partnerschaft und Sexualität, Kinderwunsch